Wie Augen starren die Fenster der alten Villa Parveau bedrohlich über die Klippen einer Bucht im Finistére, dem „Ende der Welt“.
Es gibt Gerüchte.
Verschwinden hier wirklich Frauen?
Was hat es mit dem Tor zur Hölle auf sich, das unter der Villa verborgen sein soll?
Aus dem Prolog
Wir befinden uns im französischen Département Finistère, im Nordwesten von Frankreich, gleichzeitig die größten Halbinsel des Landes und der westlichste Ausläufer des europäischen Festlands nördlich der iberischen Halbinsel. Wegen der Abgeschiedenheit und der Entfernung zum landeinwärts liegenden Frankreich hatte sich die Bezeichnung „das Ende der Welt“ bei den Bewohnern dieses Landstrichs schon vor langer Zeit entwickelt und festgesetzt. Sie wollten damit verdeutlichen, wo diese vom Wind und Wetter beherrschte Region zu finden war, die zu jeder Jahreszeit das Leben der hier beheimateten Menschen seither prägte und plagte. Rau, niederschlagsreich, von erbarmungslosen Stürmen beherrscht stellt sich ihnen stets die Natur mit ihren unberechenbaren Gewalten entgegen.
Weit verstreut liegen kleine Ansiedlungen, einzelne Häuser, Gehöfte und Anwesen auf der hügeligen, von der letzten Eiszeit geprägten Landschaft an der Atlantik- und Kanalküste. Die Entfernungen von einem zum anderen Ort sind meist beträchtlich, zu den größeren Metropolen unermesslich.
Die Augen der Villa
Jean-Pierre erreichte schließlich mit Mühe die Eingangstür der Villa, drückte die Klinke nach unten, weil er schnell in das schützende
Innere gelangen wollte. Die Tür war abgeschlossen. Er verharrte einen Moment, versuchte es erneut. Ohne Erfolg, sie ließ sich nicht öffnen. Dann trat er heftig gegen den Blechbeschlag am unteren Rand, um lautstark auf sich aufmerksam zu machen. Er wartete. Von innen war nichts wahrzunehmen, zu laut waren die Geräusche der tobenden Natur da draußen. Nichts geschah.
Nun begann es auch noch, heftig zu regnen, was den Aufenthalt im Freien noch unangenehmer machte. Wie Nadeln peitschten die vom Wind getriebenen Regentropfen dem ratlosen Jungen ins Gesicht, den in diesem Moment eine unbändige Furcht überkam.
Er war ratlos, hilflos.
(…)
Das mächtige Gebäude erschien so tot und leblos wie niemals zuvor. Jean-Pierre glaubte sich inmitten eines bösen Traums, als er wieder vor der ebenerdigen Tür stand und die Klinke ergriff. Nach einem erneuten Versuch ließ sie sich jetzt zu seinem Erstaunen ohne Mühe öffnen, wie immer schon zuvor. Ein wenig irritiert betrat er die dunkle Halle. Die Geräusche von draußen wurden gedämpft, als er die Tür hinter sich ins Schloss drückte.Jean-Pierre verharrte einen Augenblick, atmete tief durch.
Fast zwei Stunden waren seit seinem Verlassen der Villa vergangen. Er vernahm das gleichmäßige Ticken der Comtoise. Sein Herz schien ebenso laut zu schlagen, nur wesentlich schneller als die betagte Uhr mit dem hellen Zifferblatt und der feuervergoldeten Lünette an der Wand zur ersten Stufe der Holztreppe, die hinauf zur Galerie in der ersten Etage führte.